2010-01-31

Sonntag in Lagos



Die Straßen wirken wie leergefegt - sieht man von den immer länger werdenden Schlangen vor den geschlossenen Tankstellen ab. In Lagos ist man sonntags in der Kirche. Auch wir: Church of the Assumption. Wer katholische Gottesdienste in Bayern gewohnt ist, genießt hier einen wohltuenden Kulturschock: Freude, Leidenschaft, Begeisterung, Inbrunst, Festlichkeit, vor allem tiefer Glauben. Der Kirchgang gleicht einem Fest.

Anschließend Tour mit red cab und Fahrer Joe durch das langsam aussterbende Finanzviertel, dem ehemals glänzenden Zentrum von Lagos. "Is our biggest road, one of our nicest", sagt Joe stolz. Wir fahren an heruntergekommenen, vernachlässigten Gebäuden vorbei, die Wände sind verdreckt, Wäsche hängt aus den Fenstern, überall Müll, die Straße ist holprig, Händler sitzen auf Plastikstühlen und warten. Kinder spielen auf leeren Parkplätzen, sie haben Reifen zu Fußballtoren gestapelt.
Die Businesswelt hat einen schöneren Ort gefunden: Ikoy und bald auch Lekki.
Joe bringt uns ans Meer. Weißer Sand, Händler, ein paar Tische unter Sonnenschirmen. "White people like this place."
Wir werden von Areal Boys" empfangen. "Give me money", fordern sie. Joe schimpft, "all criminals, but they know me...and they are afraid of me". Uns werden Pferde angeboten, "horseriding is easy" sagen die Boys und schlagen ihnen die Peitschen in die Flanken. Die Tiere rühren sich nicht, schnaufen heftig. Ihre Augen tränen.

Nachmittags bei vielen interessanten Gesprächen Spannendes erfahren, Schönes, Deprimierendes... Nigeria gewinnt für uns langsam an Konturen.
Und nach wenigen Tagen ist unsere schneebedeckte Heimat nicht nur räumlich, sondern auch innerlich in weite Ferne gerückt.