2010-02-02

Lagos am Dienstag


Unterwegs wieder einmal in Lekki, faszinierend, wie eine neue Stadt aus dem Sand gestampft wird.
Banken, Kirchen und Schulen sind die ersten belebten Gebäude in der Rohbauwildnis. Zwischen all den neu entstehenden Mauern, Straßen, Kanalisationen wird eifrig Business betrieben. Autos werden repariert, Schrott sortiert und zerkleinert, Getränke werden verkauft, Ziegel für die Mauern hergestellt, Reifen aufgepumpt.
Wir verlassen unser Auto und sprechen mit den Händlern. Die Schrotthändler zeigen uns ihr Sortiersystem, die Autohändler erklären uns, was alles sie zu reparieren in der Lage sind. Als Hebebühne dienen Steine, Reifen werden mit kleinen Schraubschlüsseln montiert - alles mit Liebe zum Detail, unglaublich, was die Mechaniker leisten.
Die Sonne brennt, das Metall ist aufgeheizt, kein Schatten weit und breit.
Wir fahren weiter und lernen Business der besonderen Art kennen: Pay and Push.
Die Straße, teilweise noch im Bau - stellenweise aus reinem Sand bestehend - ist Basis des Business, Überzeugungskraft "yes drive here, u`re safe here, no deep sand, evry car goes here" ist die Kunst. Wir wollen nicht wenden, deshalb glauben wir ihnen, fahren in den Sand. Nach wenigen Metern schon sind unsere Reifen kaum mehr sichtbar. Nichts geht mehr.
"Area boys, I should have known." Dele tobt. Es wird laut, die Stimmung ist aggressiv geladen. Range Rover, Jeeps fahren achtlos an uns vorbei, uns die umringt sind von area boys, die brüllend und drohend ihrem Business nachgehen: "Give us 10 000 Naira".
Als Schneeerfahrene ergreifen wir Holzscheite, die auf einem Sandhaufen liegen, um sie unter die Reifen zu legen. Ohne ein Wort zu sagen, entreisst man sie uns wieder , self-service gehört nicht zu den Businessvorstellungen der Boys. HumanLink-Mitarbeiter Philipp gewinnt mit viel Humor (ist unendlich viel Wert in Nigeria) die Herzen, die Boys lachen zuerst über ihn, dann mit ihm. Als Philipp schließlich um ein Gruppenfoto bittet, auf dem er das geforderte Geld übergibt - "I must document for my chief how I spent his money" - gerät wiederum Dele außer Kontrolle ("you never can take snaps of area boys, it`s dangerous", hatte er stets gewarnt). "Philipp, get into the car".
HumanLink ist vernünftig und verzichtet auf ein Foto.
Im Quittungsblock für das Finanzamt vermerken wir:
Ausgaben am 2.2.2010:
Erpressungsgeld, 6630 Naira,Empfänger weigerten sich, Quittung zu schreiben.